Thema 1: Oberschleißheim und der verhinderte Wohnungsbau

Thema 1: Oberschleißheim und der verhinderte Wohnungsbau

In Oberschleißheim, einer Gemeinde am nördlichen Stadtrand von München, verfügen zwei Familien über Grundstücke innerhalb des Ortes und umgeben von Wohnhäusern von jeweils rund 10.000 m², die für den Bau von Wohnungen prädestiniert sind. Seit Jahren bemühen sie sich darum, dort Wohnungen bauen zu dürfen. Bislang ohne Erfolg. Auch unter dem aktuellen Bürgermeister Kuchlbauer (Frei Wähler) ist die Gemeinde unfähig, den Wohnungsbau auf den Grundstücken auf den Weg zu bringen. Das steht in krassem Widerspruch dazu, dass in Bayern vor der Landtagswahl 2018 sämtliche politische Parteien das Fehlen von Wohnungen speziell in den Ballungsräumen beklagen und für sich in Anspruch nehmen, den schnellen Bau von möglichst vielen Wohnungen mit allen Mitteln voranbringen zu wollen. Eigentlich sollte man meinen, dass sie dann auch entsprechend handeln, um Wohnraum zu schaffen und um den auf dem Wohnungsbau lastenden Preisdruck zu reduzieren. Zumindest in Oberschleißheim sieht die Wirklichkeit unter Bürgermeister Kuchlbauer leider anders aus. Weil sie sich nicht mehr zu helfen wussten, haben die Betroffenen im September 2018 folgenden offenen Brief an die Gemeinde geschrieben:

„24.09.2018
Offener Brief an die Gemeinde Oberschleißheim in Sachen Bebauung der Grundstücke am Kreuzacker mit Wohnungen

An die Gemeinde Oberschleißheim

Dass Wohnungen für die Bevölkerung gebaut werden müssen, ist in aller Munde. Überall fehlen Wohnungen. Auch in Oberschleißheim. Unisono heißt es aus der Politik, dass man den enorm steigenden Mieten am besten damit begegnen sollte, dass man baut, baut und nochmals baut. Sämtliche politischen Parteien nehmen für sich in Anspruch, den Wohnungsbau energisch voranbringen zu wollen.
Grundstücke, die man mit Wohnungen bebauen kann, sind allerdings nicht beliebig verfügbar. Natürlich können sich Kommunen an ihren Rändern ausdehnen aber das geht auf Kosten der Außenbereiche, die als Naturräume oder als Agrarland benötigt werden und treibt den ungeliebten Flächenfraß voran.
Größere Grundstücke im Innenbereich von Gemeinden, die sich für die Schaffung von neuen Wohnungen eignen, sind nur noch selten vorhanden. Meistens wird deswegen in den Innenbereichen auf kleinen Grundstücken weiter verdichtet.

In Oberschleißheim verfügen zwei Familien im Bereich des sogenannten Kreuzackers über größere Grundstücke im Innenbereich, die sie seit Jahren mit Wohnungen bebauen wollen. Leider war das in der Gemeinde Oberschleißheim bislang unmöglich und wird wohl auch unmöglich bleiben, weil der Gemeinderat unter Bürgermeister Kuchlbauer schon seit längerer Zeit die Rolle des Zögerers einnimmt und auch die jüngsten Vorkommnisse zeigen, dass sich daran nichts zu ändern scheint. Bis heute haben die Grundstückeigentümer noch niemals irgendeine nennenswerte Unterstützung durch die Gemeinde erfahren. Dass sie über all die Jahre wie Gegner behandelt werden, ist für sie längst trauriger Alltag geworden.

Weil die Grundstückseigentümer gesehen haben, dass sie auf sich selbst gestellt bei der Gemeinde keinen Wohnungsbau erreichen können, haben sie ihre Grundstücke an zwei renommierte Münchner Bauträger (Concept Bau und Baywobau) verkauft. Seither versuchen auch die Bauträger vergeblich, auf den Grundstücken Baurecht für Wohnungen zu erhalten. Dass schon viele Oberschleißheimer und Oberschleißheimerinnen bei den Bauträgern ein hohes Interesse an den geplanten Wohnungen angemeldet haben, scheint den Bürgermeister und Teile des Gemeinderates nicht zu interessieren. Auch nicht, dass die Grundstücksverkäufe einen nur vorläufigen Charakter haben und ihre Verwirklichung bzw. ihr Scheitern gerade auch vom Verhalten der Gemeinde in Sachen Baurechtsschaffung abhängt.
In seinem Grundsatzbeschluss vom 18.10.2016 zur Beschaffung bezahlbaren Wohnraumes hat der Gemeinderat bereits vor 2 Jahren (!) festgestellt, dass „in der Gemeinde eine große Nachfrage nach Wohnraum herrscht“ und unter anderem beschlossen, dass die Bauherren 30% des durch die Baurechtsschaffung der Gemeinde entstehenden Wohnraums für Sozialwohnungen zu verwenden haben. Dem haben die Grundstückseigentümer und Bauträger unverzüglich zugestimmt und konnten danach eigentlich erwarten, dass die Gemeinde die bei unterschiedlichen Architekten beauftragten Planungen für die Bebauung der Grundstücke mit Wohnanlagen unterstützt, mindestens aber konstruktiv begleitet. Das Gegenteil war der Fall. Am 11.12.2017 und somit ein ganzes Jahr nach dem Grundsatzbeschluss von 2016 fasste der Gemeinderat für die beiden Grundstücke am Kreuzacker trotz vorliegender Pläne einen allgemeinen Eckdatenbeschluss, aus dem sich erstmals ergab, dass auf den Grundstücken überhaupt nur Wohnraum im Umfang einer Geschoßflächenzahl von 1,0 und einer Grundflächenzahl von 0,4 entstehen soll. Auf gesondertes Betreiben des Gemeinderates Negele, der selbst neben den potenziellen Baugrundstücken wohnt, wurde zudem beschlossen, dass neben ihm nur in einer Höhe von E + 2 (Erdgeschoß und zwei Obergeschosse) gebaut werden darf. Gut, wenn man als Gemeinderat seine eigenen Interessen verfolgen kann.

Über den Eckdatenbeschluss konnten sich die beiden Bauträger nur verwundert die Augen reiben. Während man in München mit aller Kraft versucht, Grundstücke besser auszunutzen, um möglichst viele neue Wohnungen entstehen zu lassen, wird in Oberschleißheim Grund und Boden anscheinend immer noch als Ressource angesehen, die man sorgenlos verschwenden kann. Der Eckdatenbeschluss verhindert nicht nur, dass städtebaulich verträglicher Wohnraum und damit auch viele Sozialwohnungen entstehen. Er führt auch dazu, dass die Wohnungen, die zum Verkauf angeboten werden, teurer werden. Die Verhinderung von möglichen Wohnungen zur Kenntnis nehmend beauftragten die Bauträger wiederum in konstruktiver Absicht ihre Architekten, die Planungen auf den Eckdatenbeschluss hin anzupassen und legten die neuen Pläne der Gemeinde im Frühjahr dieses Jahres vor. Dabei setzten die Bauträger sogar die Lex-Negele (E + 2) um, obwohl sie allgemein auf Ablehnung stieß, hatte doch die Gemeinde am Moosweg genau gegenüber auf dem ehemaligen Penny-Areal zuletzt erst Wohngebäude mit E + 3 genehmigt und befindet sich Am Schäferanger genau gegenüber schon seit den Achtzigern ein Wohnblock der Stadibau mit einer Geschoßhöhe von ebenfalls E + 3.

Anstatt sich nunmehr der angepassten Pläne endlich anzunehmen und sie zur Grundlage eines Bebauungsplanaufstellungsbeschlusses für die beiden Grundstücke zu machen, fiel die Gemeinde auf den nächsten Coup des Gemeinderates Negele herein. Plötzlich hieß es, Negele sei nach vielen Jahren hartnäckiger Weigerung seit Neuestem entschlossen, sein eigenes am Kreuzacker befindliches Grundstück ebenfalls für eine Überplanung mit Geschoßwohnungsbau zur Verfügung zu stellen und sogar an einer Grundstücksumlegung unter allen drei Grundstücken teilzunehmen. Sofort wurden die Architektenpläne der Bauträger von der Gemeinde ein weiteres Mal zurückgestellt, ergab sich doch die Erwartung der Gemeinde, für das gesamte und aus insgesamt drei Grundstücken bestehende Areal eine zusammenhängende Planung realisieren zu können. In einer Besprechung bei der Gemeinde am 20.06.2018 musste man zwar den Eindruck gewinnen, dass es Negele in Wirklichkeit eher um die Verhinderung der beiden vorhandenen Vorhaben geht, trotzdem wollte die Gemeinde den Versuch einer Einbindung von Negele in einen Vertrag unter allen Beteiligten unternehmen. Unter Federführung der Gemeinde wurde ein Vertrag entworfen und mit den Bauträgern unterschriftsreif abgestimmt. Was daraus geworden ist, wissen die Bauträger bis heute nicht. Mitteilungen der Gemeinde hierüber haben die Bauträger bis heute nicht erhalten. Allem Anschein nach hat sich die Illusion eines mitwirkungsbereiten Negele zwischenzeitlich wieder in Luft aufgelöst. Für diesen Fall war am 20.06.2018 auch besprochen worden, dass es dann in der ersten Sitzung des Bau- und Werkausschusses nach der Sommerpause – endlich – um die vorliegenden angepassten Pläne und einen Bebauungsplanaufstellungsbeschluss auf deren Grundlage geht.

Nunmehr mussten die Bauträger jedoch der Tageordnung für die Sitzung am 24.09.2018 entnehmen, dass die Gemeindeverwaltung ihren Plänen wiederum einen Beschlussantrag der Ausschussmehrheit aus Freien Wählern, SPD und FDP vorangestellt hat, wonach die Gemeinde beschließen möge, dass eine neue Planung für die Grundstücke durch ein von der Gemeinde beauftragtes Planungsbüro erfolgen solle. In der Begründung dazu heißt es, man wolle nicht auf die Planungsbüros der potentiellen Bauwerber zurückgreifen. Es muss angenommen werden, dass die Antragsmehrheit mit der Partei von Kuchlbauer und Negele für die Beschlussfassung nach Antrag sorgen wird. Eine Vorstellung der vorhandenen Pläne aus dem Frühjahr durch die Bauträger in derselben Sitzung macht aufgrund der zu erwartenden Beschlussfassung keinen Sinn mehr. Verständlicherweise wollen die Bauträger keine Pläne vorstellen, wenn diese nach dem Beschlussantrag von FW, SPD und FDP gar nicht relevant sein sollen.
Keinen Sinn machen dürfte allerdings auch der Antrag der Ausschussmehrheit. Er offenbart ein unverständliches Gegeneinander, das von den stets um konstruktiven Dialog bemühten Grundstückeigentümern und Bauträgern abgelehnt wird. Er macht aufwendige Architektenpläne zur Makulatur, in denen sich Architekten über lange Zeit intensiv bemüht haben, die Interessen der Gemeinde, der Bauträger, der Wohnungssuchenden und nicht zuletzt ihre eigenen Interessen an gelungener Architektur unter einen Hut zu bringen. Warum das passieren soll, erschließt sich nicht. Längst wurde in den vorliegenden Plänen das ausgesprochen geringe Baumaß, die gewünschten Wegebeziehungen, die unerwünschte Überpflanzung von Tiefgaragen und die mögliche Erweiterung auf dem Grundstück Negele berücksichtig und von den Bauträgern klar gemacht, dass sie eine noch weitere wirtschaftliche Verschlechterung nicht mittragen wollen. Es hätte sich von selbst verstanden, dass die vorhandenen Pläne nach der Fassung von Bebauungsplanaufstellungsbeschlüssen bei ihrer Integration in einen Bebauungsplan durch ein Stadtplanungsbüro den letzten städtebaulichen Feinschliff erfahren. Dafür gibt es ja auf Wohngebäude spezialisierte Architekten auf der einen und auf Bebauungspläne spezialisierte Städteplaner auf der anderen Seite und genau dafür gibt es das Bebauungsplanverfahren nach dem Aufstellungsbeschluss. Das dürfte auch dem Bürgermeister und den Gemeinderäten bekannt sein und so hat es den Anschein, als ob möglicherweise dem Gemeinderat Negele mit dem Antrag sein nächster Verhinderungscoup gelungen sein könnte.

Nun bleibt den Bauträgern Concept Bau und Baywobau und sämtlichen wartenden Wohnungsinteressenten nichts anderes übrig als wiederum abzuwarten, was unter Bürgermeister Kuchlbauer weiterhin passiert. Sollte die Gemeinde einen eigenen Planer beauftragen, werden viele Monate vergehen, bis der weiß, was er eigentlich genau planen soll. Wer soll ihm das überhaupt sagen? Vielleicht Herr Negele oder soll er etwa frei darin sein, was er plant? Und was sollen Bauträger mit fremden Plänen anfangen? Etwa danach bauen? Das dürfte nicht realistisch sein. Bei wirtschaftlicher Verschlechterung im Verhältnis zu der längst vorliegenden Planung droht zudem das endgültige Aus für neue Wohnungen in Oberschleißheim, weil der technische und kostenmäßige Aufwand im Verhältnis zu den noch realisierbaren Wohnungen zu groß wird. Der Ruf der politischen Mehrheit in Oberschleißheim nach einem neuen Planer deutet leider auf die Intention einer weiteren Verschlechterung hin. Anscheinend lautet die Fragestellung der maßgeblichen Personen nicht, wie man städtebaulich verträglich möglichst viele bezahlbare Wohnungen für die Bevölkerung schaffen kann, sondern wie sich davon abweichende Ziele verfolgen lassen. Noch deutlicher als mit dem vorliegenden Antrag für neue Fremdplanungen kann man die wohnungsuchende Bevölkerung, die Grundstückseigentümer, die handelnden Bauträger und die beauftragten Architekten jedenfalls nicht vor den Kopf stoßen. Die Bauträger Concept Bau und Baywobau waren immer gesprächsbereit und bleiben dies auch um zügig städtebaulich unproblematischen Wohnraum für die Bevölkerung zu realisieren. Die seitens der Gemeinde dafür notwendige Transparenz, Kommunikationsbereitschaft und der Wille, Wohnraum für die Bevölkerung zu schaffen, sehen jedoch anders aus.

gez.
Grundstückeigentümer
Concept Bau
Baywobau“


Chronologie der Causa Kreuzacker

Admin

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